Behinderter wird Opfer eines Überfalls

Die mutmaßlichen Täter kommen aus der rechtsextremen Szene

Ebern - Drei Neonazis sollen in der Nacht zum Samstag im unterfränkischen Ebern (Landkreis Haßberge) einen Behinderten geschlagen und beleidigt haben.

Der Übergriff ereignete sich laut Polizeiangaben kurz nach Mitternacht, als sich der 21-jährige geistig und gehbehinderte Mann auf dem Heimweg befand. Aus einer größeren Personengruppe heraus hätten sich ihm am Marktplatz zunächst drei mit Springerstiefeln und Bomberjacken bekleidete Männer genähert. Sie sollen den 21-Jährigen in eine Gasse gefolgt sein, ihn geschubst und mit Faustschlägen am Kopf traktiert haben. Zuvor sollen sie das Opfer nach eigenen Angaben als "asoziales Gesindel" bezeichnet haben.

Der Behinderte rief über Handy seinen Betreuer zu Hilfe. Wie die Polizei erst am Montag mitteilte, erlitt das alte Opfer unter anderem eine Platzwunde an der Lippe und Verletzungen an der Nase. Der Mann musste sich im Krankenhaus ambulant behandeln lassen.

Zwei der Tatverdächtigen konnten kurz nach dem Überfall gestellt werden. Bei ihnen handelt es sich um einen 29-Jährigen aus der Gemeinde Steigerwald und einen 18-Jährigen aus dem Altlandkreis Ebern. Der Ältere ist bereits wegen einer Vielzahl von Straftaten aufgefallen. "Er wurde schon mehrfach wegen Körperverletzung angezeigt", so Karl-Heinz Schmitt, Pressesprecher der Polizeidirektion Schweinfurt. Gegen den Jüngeren seien im vergangenen Jahr Ermittlungen wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz gelaufen. Von dem dritten Mann fehle bislang jede Spur. Den Tatverdächtigen droht eine Anzeige wegen Körperverletzung und Beleidigung.

Nachdem bekannt ist, dass sich zur Tatzeit mehrere Menschen auf dem Marktplatz Ebern befanden, werden Zeugen gebeten, sich bei der Polizeiinspektion Ebern, Tel. 09531/ 92 40 oder bei der Kriminalpolizei Schweinfurt, Tel. 09721/ 202-690 zu melden. gs

Riester betont Leistungswillen Behinderter in der Arbeitswelt

Hörbehinderter Azubi als Jahrgangsbester ausgezeichnet

Berlin (AP)

Arbeitsminister Walter Riester hat den Leistungswillen und das Engagement Behinderter im Beruf gewürdigt. Riester zeichnete am Mittwoch in Berlin den hörbehinderten Alexander Klinger aus, der als Auszubildender im Ministerium seine Lehrzeit als Jahrgangsbester abgeschlossen hat. Der 22-Jährige aus Bonn-Duisdorf schließt jetzt an die Druckerlehre eine Ausbildung zum Mediengestalter an.

       Der Minister gratulierte ihm zu seiner «außergewöhnlichen Leistung» und lobte den jungen Mann für «den Glauben an sich selbst und den Elan, etwas zu leisten und etwas aus sich zu machen». Er verwies auf die guten Erfahrungen seines Hauses, das insgesamt 93 Schwerbehinderte beschäftigt. Behinderte könnten auf Grund ihrer Handicaps oftmals ganz besondere Fähigkeiten im Berufsleben einbringen, sagte Riester. Als Beispiel nannte er auch seinen früheren britischen Amtskollegen und jetzigen Innenminister David Blunkett, der von Geburt an blind ist. «Das zeigt: Es geht!»

       Nach den Neuregelungen des Schwerbehindertengesetzes und des Sozialgesetzbuchs IX kündigte Riester an, im Herbst ein Gleichstellungsgesetz einzubringen. Dies solle «Barrierefreiheit» nicht nur für Rollstuhlfahrer schaffen, sondern auch beispielsweise Gehörlosen grundsätzlich die Verständigung in Gebärdensprache ermöglichen. Erfolg versprechend laufe auch das Projekt, binnen zwei Jahren 50.000 neue Jobs für Schwerbehinderte zu schaffen. Seit vergangenem Oktober hätten bereits 18.000 Menschen eine Arbeit gefunden.

       Das Bundesarbeitsministerium bildet an seinen beiden Dienstorten Bonn und Berlin derzeit insgesamt 47 Jugendliche in vier verschiedenen Berufen aus. Ab September kommen acht weitere Ausbildungsplätze dazu.

       http://www.jobs-fuer-schwerbehinderte.de/

Zur Archiv Übersicht !

HOME

Betreuung statt Entmündigung

Geisteskrankheit, Rauschgiftsucht und Verschwendung waren bis 1992 unter anderem Gründe, erwachsene Menschen zu entmündigen. Jetzt wurde mit dem Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige, dem so genannten Betreuungsgesetz, die Entmündigung abgeschafft.

Erwachsene, die bei der Regelung ihrer Angelegenheiten auf Hilfe angewiesen sind, können seither eine «Betreuung» beantragen. Damit steht die Hilfe für die Betroffenen im Vordergrund, nicht mehr eine Bevormundung.

«Voraussetzung für die Betreuung ist, dass eine körperliche oder psychische Erkrankung oder Behinderung vorliegt, oder auch Rauschgiftsucht», sagt Jürgen Rink, Aufsicht führender Richter für Vormundschafts- und Betreuungssachen beim Amtsgericht Frankfurt. Außerdem dürfe der Betroffene nicht in der Lage sein, seine Angelegenheiten selbst zu regeln.

Die Betreuung kann vom Betroffenen selbst beim Amtsgericht beantragt werden oder von Dritten wie Familienangehörigen, Krankenhauspersonal, aber auch Nachbarn bei Gericht angeregt werden. «Dann prüft das Gericht, ob die Voraussetzungen vorliegen», so Rink.

Ganz gleich, wie das Verfahren ins Rollen kommt: Der Betroffene und seine Wünsche stehen dabei im Mittelpunkt: Der Richter wendet sich an die zuständige Betreuungsbehörde, die dann ein möglichst vollständiges Bild der Situation des Betroffenen zu erstellen hat. «Und wir versuchen, schon im Vorfeld zu klären, wer als Betreuer in Frage kommt», erläutert Bettina Franke, Leiterin der Betreuungsstelle Berlin-Lichtenberg-Hohenschönhausen.

Gesucht werden dazu in erster Linie Familienangehörige oder Freiwillige, die seine Betreuung ehrenamtlich vornehmen. Ihnen steht für ihre Tätigkeit eine steuerfreie Aufwandsentschädigung von 600 Mark im Jahr zu. Wenn keine ehrenamtlichen Betreuer gefunden werden, können Berufsbetreuer tätig werden, die je nach Qualifikation 20 Mark bis 60 Mark pro Stunde berechnen dürfen. Für die Bezahlung muss der Betreute einstehen, sofern er vermögend ist, ansonsten übernimmt der Staat die Kosten.

Das Gutachten der Betreuungsbehörde und der Vorschlag des Betreuers werden an das Gericht und den Betroffenen geschickt. Parallel holt das Gericht ein ärztliches Gutachten ein. In jedem Fall findet außerdem eine Anhörung mit dem Betroffenen statt. Dabei kann der einen bestimmten Betreuer auch ablehnen. Bei diesem persönlichen Kontakt zwischen allen Beteiligten werden auch die genauen Bereiche definiert, für die der Betreuer zuständig werden soll.

In keinem Fall obliegt dem Betreuer die Haushaltsführung oder die Pflege des Betreuten. Es gehe vielmehr um die Abwicklung von Schriftverkehr und Behördenterminen oder um die Sicherstellung der finanziellen Lebensgrundlage durch Arbeitslosengeld, Rente oder Sozialhilfe, erläutert Elfried Nöckel vom Betreuungsverein der Lebenshilfe in Eberswalde (Brandenburg).

Über seine Tätigkeit muss der Betreuer genau Buch führen, denn er ist dem Gericht gegenüber rechenschaftspflichtig. Rechtspfleger prüfen jedes halbe Jahr, ob die Betreuer korrekt abrechnen. «Außerdem wird kontrolliert, ob die Betreuer alles für die Betreuung Notwendige machen», fügt Jürgen Rink hinzu. Bei Differenzen zwischen Betreuer und Betreutem gehe immer der Wille des Betreuten vor.

In Fällen stärkerer geistiger Verwirrung eines Erwachsenen kann das Gericht allerdings einen so genannten «Einwilligungsvorbehalt» verfügen. «Das bedeutet, dass der Betreute nur noch mit Einwilligung des Betreuers etwas entscheiden kann.» Ohne diesen Vorbehalt bleiben Betreute, anders als früher bei der Entmündigung, geschäftsfähig. «Die machen dann die tollsten Sachen», erzählt Bettina Franke. Sie erlebt immer wieder, dass sich ihre Betreuten zum Beispiel teure Autos kaufen. «Da muss der Betreuer dann sehen, dass die da irgendwie wieder rauskommen.»

Stehen für einen Betreuten schwere Operationen oder gar die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung an, muss der Richter den Fall prüfen und anhand des Gutachtens eines Arztes entscheiden, der den Betroffenen nicht ständig behandelt. Nur mit richterlicher Genehmigung können die Vorhaben verwirklicht werden.

Rund 600 000 Menschen stehen nach Angaben der Gerichte im gesamten Bundesgebiet unter Betreuung. Jeder kann für den «Fall des Falles» Wünsche und Vorschläge zur Person des Betreuers und zur Führung der Betreuung in einer Betreuungsverfügung schriftlich niederlegen.

Zur Archiv Übersicht !

HOME