Behinderte Menschen bekommen eigenes Hilfs-Budget
Die Zukunft der Pflege
Sozialpolitisches Forum der Stadtmission - In Nürnberg möglich?
VON LORENZ BOMHARD

Das ist die Zukunft der Pflege: Behinderte Menschen oder gebrechliche Senioren bekommen ein persönliches Budget und können selber bestimmen, welche Hilfeleistungen sie in Anspruch nehmen. Die Stadtmission beschäftigt sich bei ihrem nächsten sozialpolitischen Forum mit der Frage, wie eine solche Budgetierung im Raum Nürnberg praktiziert werden könnte.

Wie immer im sozialen Bereich geht es auch um Einsparung. Hinter den juristischen Formulierungen des neuen Sozialgesetzbuches steckt aber zudem ein Ziel, das die Behindertenverbände seit langer Zeit anstreben: Weil die Betroffenen in der Rehabilitation am besten wissen, was sie brauchen, soll nicht nur über sie verfügt werden. Der eine braucht einen Helfer, der ihn im Rollstuhl in einen Park bringt, andere benötigen verstärkt Hilfe bei der Körperpflege und im Haushalt. Besser ist, dass behinderte Menschen selber bestimmen oder zumindest mitreden dürfen, wen sie für welche Hilfen engagieren.

Unter der Überschrift „Ich kauf' mir meine Hilfe selbst“ berichtet am Montag, 22. Oktober, 19.30 Uhr, im Haus eckstein an der Burgstraße Gisela Broers vom Diakonischen Werk der Pfalz aus Speyer über über erste Erfahrungen mit persönlichen Budgets in Rheinland-Pfalz. Fachleute wie Horst Rauh von der Sozialhilfeverwaltung des Bezirks, Hans-Ludwig Siemen vom Klinikum am Europakanal und Hans Glöckel vom Verein der Angehö rigen psychisch Kranker diskutieren mit den Besuchern und der Referentin aus Speyer über die Übertragbarkeit des pfälzischen Modells auf den Raum Nürnberg.

Das persönliche Budget soll vor allem die Unabhängigkeit in den eigenen vier Wänden oder zum Beispiel auch in einem Heim oder bei Betreutem Wohnen garantieren. Die Reaktionen in der Pfalz sind überaus positiv. Behinderte Menschen freuen sich über einen „Gewinn an Lebenzufriedenheit“. Die Kosten für den Lebensunterhalt, für rein pflegerische Leistungen oder medizinische Hilfen werden weiter finanziert wie bisher.

In Rheinland-Pfalz ging es im Einzelfall allerdings nur um 400 bis 600 Mark (204 bis 306 Euro) pro Monat. Gisela Broers berichtet zudem über positive Erfahrungen in den Niederlanden und in England, wo es bereits persönliche Budgets in größerem Umfang gibt.

Mehr Konkurrenz

Gabriele Sörgel, Geschäftsführerin der Stadtmission, hält die Diskussion um persönliche Budgets für konstruktiv. Zum einen werde die Forderung von Behindertenverbänden nach mehr Eigenständigkeit der Betroffenen erfüllt. Andererseits würden die Anbieter ambulanter Dienste durch die Wahlmöglichkeiten ihrer „Kunden“ in der verstärkten Konkurrenzsituation gezwungen, ihre Qualität zu verdeutlichen.

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Selbstbestimmt älter werden

Fragen rund um das Älterwerden will ein neuer Ratgeber beantworten. «Selbstbestimmt älter werden» heißt die Informationsschrift der Verbraucher-Zentrale Hessen.

Der Ratgeber behandelt zum Beispiel die Themen «Wohnen im Alter», «Pflege», «Verträge mit Pflegediensten» und «Ernährung im Alter», teilen die Verbraucherschützer in Frankfurt mit. In den einzelnen Kapiteln werden unter anderem Ratschläge zur Auswahl eines Pflegeheims gegeben, Grundkenntnisse über Pflegeversicherung vermittelt und eine Übersicht zu verschiedenen Essensangeboten wie «Essen auf Rädern» vorgestellt.

Der Ratgeber kann für zehn Mark bei den Verbraucherzentralen abgeholt werden. Zum Preis von 15 Mark kann er außerdem per Post mit Verrechnungsscheck oder gegen Rechnung bestellt werden bei der Verbraucher-Zentrale Hessen, Große Friedberger Straße 13-17, 60313 Frankfurt (Tel.: 069/97 20 10 30, Fax: 040/97 20 10 40, E-Mail: infodienst@verbraucher.de).

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Auf Kosten der Menschenwürde:
Claudia Renner zum Pflege-Notstand

Es geht um mehr als nur um "schwarze Schafe". Wenn bei Stichproben in Pflegeheimen und bei ambulanten Diensten herauskommt, dass ein Qualitätsmanagement die absolute Ausnahme darstellt, muss nach den Ursachen gefragt werden. Sie sind vielschichtig.
Quantitativ: Es gibt immer mehr alte und pflegebedürftige Menschen. 2021 werden es in Deutschland drei Millionen sein, ein Drittel mehr als heute. Finanziell: Noch verfügen die Pflegekassen über Rücklagen, doch der Abbau der Polster hat schon begonnen. Nach dem Sozialversicherungs-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Frühjahr ist der Bund gefordert, bis Ende 2004 Familien bei den Pflegebeiträgen zu entlasten. Personell: Angesichts knapper Budgets sparen Pflege-Einrichtungen beim Fachpersonal und stopfen die Löcher mit Hilfskräften. Kein Wunder, dass viel zu wenig junge Menschen in die Pflegeberufe gehen - obwohl es sich um eine bereichernde Aufgabe in einem echten "Zukunftsmarkt" handelt.
Das Problem muss von allen Seiten angepackt werden, denn es geht um die Würde vieler alter und pflegebedürftiger Menschen. Eine bundesweit einheitliche Ausbildungsregelung sollte zum 1. August in Kraft treten, "hängt" aber nach einer Verfassungsklage Bayerns in Karlsruhe. Die Bundesregierung wird die Familienentlastung in der Pflegeversicherung wohl kaum vor den Wahlen 2002 anpacken. Unterdessen könnte das Land etwas tun. Nach fünf Jahren Pflegeversicherung kann immer noch jeder einen ambulanten Dienst aufmachen, ohne dass seine Qualifikation wirklich überprüft wird. Eine Pflegekammer könnte Standards erarbeiten und überwachen. Die Kontrolle durch Kassen-Gutachter ersetzt das aber nicht. Ihnen gebührt das Verdienst, auf die Missstände aufmerksam gemacht zu haben.
E-Mail an die Autorin: Claudia.Renner@rhein-zeitung.net

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Blockadepolitik in Bayernverhindert qualifizierte Altenpflege

Berlin: Seit mehr als zehn Jahren wurde unter der alten Bundesregierung im Bundestag um ein einheitliches Altenpflegegesetz gerungen, das die 17 unterschiedlichen Landesregelungen vereinheitlicht und eine Ausbildungsvergütung festschreibt.

Erst der rot-grünen Regierung war es im vergangenen Jahr gelungen, dieses Projekt mit Zustimmung des Bundesrates erfolgreich abzuschließen. Ab dem 1.8.2001 sollte sowohl eine Qualitätsverbesserung in der Pflege als auch ein bundeseinheitlicher attraktiver Beruf ermöglicht werden.

Diesen Erfolg gönnt die im Bundesrat unterlegene bayerische Landesregierung der Bundesregierung offensichtlich nicht. Sie ist eine schlechte Verliererin. Mit der formalen Argumentation, der Bund habe keine Gesetzgebungskompetenz, ist sie vor das Bundesverfassungsgericht gegangen und hat eine einstweilige Anordnung erreicht.

Leidtragende dieser durchsichtigen Aktion sind die vielen motivierten Menschen, die eine Altenpflegeausbildung planen und nicht zuletzt die Pflegebedürftigen, denen eine qualifiziertere Pflege vorenthalten wird.

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Schwer Pflegebedürftige sollen mehr Geld erhalten

Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf über zusätzliche Hilfen für schwer kranke Pflegebedürftige und ihre pflegenden Angehörigen verabschiedet. So sollen häuslich Pflegebedürftige mit einem erheblichen allgemeinen Betreuungsbedarf jährlich 900 Mark zusätzlich für ihre Pflege erhalten, teilte das Gesundheitsministerium mit.

Dazu zählen auch geistig behinderte oder psychisch kranke Menschen. Nach Angaben des Ministeriums sind 90 Prozent aller Pflegenden Frauen.