Internet soll behindertenfreundlicher werden Bonn/Berlin (dpa) -
Das Internet könnte Franz-Josef Hanke das Leben viel einfacher machen,
wären da nicht so viele Barrieren in dem ach so grenzenlosen Netz der
Netze. Dank moderner Hilfstechnik findet der blinde Journalist zwar die
Busverbindung auf der Internetseite des Verkehrsbetriebs, eine
Fahrplanauskunft erhält er aber nicht. |
SPD: Sozialhilfe nur noch für Familien und Behinderte Ottmar Schreiner: Hessischer
Ministerpräsident betreibt Populismus. Zustimmung in der Union Koch kündigte für den Herbst eine Bundesratsinitiative seines Landes an. Damit will Hessen eine Experimentierklausel erhalten, um Sozialhilfeempfänger gezielt in Arbeitsprogramme zu bringen. Wer sich weigere, solle sich auf ein "sehr bescheidenes Leben" (Koch) einstellen. Von der SPD kam scharfer Protest. Koch gehe es offensichtlich darum, "die Leute zu drücken", sagte der Sozialpolitiker und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen, Ottmar Schreiner, der WELT. Zwar sei der Kerngedanke, Sozialhilfeempfänger wieder in Arbeit zu bringen, vernünftig. Wer jedoch unterstelle, dass Sozialhilfeempfänger in Luxus leben, verdrehe die Tatsachen, sagte Schreiner. Der SPD-Politiker wies darauf hin, dass ein allein Stehender mit 900 Mark Sozialhilfe auskommen müsse, die Arbeitslosenhilfe betrage für einen allein Stehenden 1.000 Mark. "Wie hier jemand ein noch bescheideneres Leben führen soll, muss mir Koch erst mal erklären", sagte Schreiner. Der SPD-Politiker warf dem Ministerpräsidenten vor, "die Leute im populistischen Sinne zu missbrauchen". Auch das Bundesarbeitsministerium lehnte Kochs Vorstellungen ab. Dagegen wurde der hessische Vorstoß in der Union begrüßt. Der CSU-Sozialpolitiker Johannes Singhammer sagte der WELT, er halte die Vorschläge für "sehr überlegenswert". Sozialhilfe sollte auf die konzentriert werden, die sich nicht selbst helfen können, wie Familien und Behinderte. Wer dagegen gesund sei und arbeiten könne, "bei dem ist nicht einzusehen, warum der in bisherigem Umfang Sozialhilfe beziehen soll". Das amerikanische Modell aus Wisconsin, auf das sich Koch bezogen hatte, könne "in Reinform aber nicht auf uns übertragen werden", sagte Singhammer. Die bayerische Sozialministerin Christa Stewens (CSU) sagte, es sei auch Ziel der Staatsregierung, die Eingliederungschancen für arbeitslose Sozialhilfebezieher zu verbessern. Bayern bereite dazu eine Bundesratsinitiative vor. Der Druck auf Sozialhilfebezieher, auch eine niedrig entlohnte Arbeit anzunehmen, müsse erhöht werden. |
Hotel für Behinderte Mit den Rollstuhl in die Sauna fahren können Behinderte jetzt in einem neuen Hotel in Rheinsberg in Brandenburg. Dazu seien extra hitzebeständige Rollstühle entwickelt worden, sagte ein Sprecher der HausRheinsberg gGmbH anlässlich der Eröffnung des Behinderten-Hotels in Rheinsberg. Alle 108 Zimmer seien rollstuhlgerecht eingerichtet. Viele Räume hätten höhenverstellbare Waschtische, motorbetriebene Fenster und Türen. Auf Wunsch stünden auch Pflegebetten zur Verfügung. Das Hotel verfügt den Betreibern zufolge über ein Schwimmbad mit Lifter und Rutsche sowie einen behindertengerechten Bootssteg und eine Badestelle am Rheinsberger See. Eine Übernachtung mit Frühstück im «HausRheinsberg» kostet ab 80 Mark im Einzelzimmer, im Doppelzimmer ab 160 Mark. Informationen: HausRheinsberg, Hotel am See, Donnersmarckweg 1, 16831 Rheinsberg (Tel.: 033931/34 40, Fax: 033931/34 45 55, E-Mail: post@hausrheinsberg.de, Internet: www.hausrheinsberg.de). |
Kommentar: Leben ohne Barrieren Behindertenpolitik geht endlich
neue Wege Menschen fliegen zwar zum Mond, doch das nächste Postamt ist für viele Behinderte nach wie vor unerreichbar. Enge Türen und Treppen machen Rollstuhlfahrern und Gehbehinderten das Leben schwer und daran wird sich so schnell auch nichts durch den gestern vorgestellten Entwurf eines Gleichstellungsgesetzes ändern. Auch wenn die Initiative übereinstimmend gelobt wurde, wird es noch viele Jahre dauern, bis nicht nur Neubauten und neu angeschaffte Verkehrsmittel frei von hinderlichen Barrieren sind. Dennoch, das Vorhaben geht – nach Jahrzehnten des Stillstands – in die richtige Richtung. Es wird Zeit, dass der Artikel 3 des Grundgesetzes, kein Mensch darf auf Grund seiner Behinderung benachteiligt werden, endlich praktische Konsequenzen nach sich zieht. Groß gekümmert hat sich die deutsche Politik in den vergangenen Jahrzehnten nicht um diesen Verfassungsgrundsatz, Behindertenpolitik bestand vor allem in der Verteilung von Almosen. „Hauptfürsorgestellen“ befanden über finanzielle und materielle „Unterstützungen“, der Anspruch auf eine gleichberechtigte Teilhabe am öffentlichen Leben ging irgendwo im Dickicht der Sozialgesetzgebung und institutionalisierten Wohlfahrt unter. Das könnte sich jetzt ändern. Ziel des Gesetzes ist es, Behinderten ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, sie vom Objekt staatlicher Bemühungen zum handelnden Subjekt zu machen. Der Grundsatz des barrierfreien Bauens dürfte dazu nur ein erster Schritt sein. Viel größerer gesellschaftliche Auswirkungen werden – hoffentlich – das vorgesehene Verbandsklagerecht und die Zielvorgaben haben, die Behindertenverbände mit Firmen und anderen Institutionen abschließen können. Andreas Jürgens, einer der selbst behinderten Autoren des Entwurfs, drückt es so aus: „Die Beharrlichkeit, mit der viele behinderte Menschen ihr tägliches Leben bewältigen müssen, wird sich in ein Verhandlungsgeschick umsetzen, über das sich noch manche wundern werden.“ |