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Nur 28 Prozent der Sehbehinderten berufstätig Marburg (dpa) - Blinde und Sehbehinderte haben nach Darstellung des Deutschen Vereins der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf, DVBS, in Deutschland Probleme, beruflich unterzukommen. Die Statstischen Landesämter hätten ermittelt, dass nur 28 Prozent dieser Menschen zwischen 18 und 60 Jahren einen Arbeitsplatz haben, sagte der DVBS-Vorsitzende des Otto Hauck bei einer Tagung in Marburg. Obwohl besonders betroffene Schwerbehinderte, etwa blinde gelähmte oder gehörlose Menschen seit zwei Jahren gesetzlich einen Anspruch auf Bezahlung von Hilfe am Arbeitsplatz hätten, könnten sie dies oft nur in einem bürokratischen Hindernislauf durchsetzen, kritisierte DVBS-Geschäftsführer Andreas Bethke. Rund 3000 Hilfskräfte seien in diesem Jahr bewilligt worden, sagte Rosita Schlembach von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen. In einer Resolution forderten die Tagungsteilnehmer von der Bundesregierung eine Rechtsverordnung, die das Bewilligungsverfahren vereinfachen soll. |
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Behindertenplatz ist tabu Eine Autofahrerin stellte ihr Fahrzeug, das eine Panne hatte, auf einem Behindertenplatz ab und kennzeichnete es als defekt. Eine Politesse veranlasste daraufhin das Abschleppen des Wagens auf Kosten der Halterin. Es kam zum Streit um die Kosten vor dem Oberverwaltungsgericht Münster. Die Frau verlor den Prozess. Denn die Richter entschieden, dass der Fahrer grundsätzlich verpflichtet sei, das defekte Fahrzeug von einem Behindertenparkplatz zu entfernen. Notfalls hätte die Fahrerin ein Abschleppunternehmen beauftragen müssen. Behinderte sollen darauf vertrauen können, das ihnen der gekennzeichnete Platz zur Verfügung stehe, betonten die Juristen ausdrücklich. Grundsätzlich dürfen unberechtigt abgestellte Fahrzeuge aus diesem Bereich abgeschleppt werden (Aktenzeichen: 5 A 2339/99) |
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Cannabis als Medizin Ein neues Cannabis-Spray hat positive Auswirkungen auf das Befinden chronischer Schmerzpatienten. Das berichtet das britische Pharma-Unternehmens GW Pharmaceuticals, das die weltweit ersten Medikamente aus Basis von Hanf entwickelt. Patienten mit Multipler Sklerose und Rückenmarkverletzungen bekamen zum Teil das neue Medikament, zum Teil ein Placebo. 41 der 53 Cannabis-Testpersonen hätten in den ersten beiden Testphasen weniger Angst gehabt, besser geschlafen und geringere Krankheitssymptome verspürt. Derzeit befindet sich das Medikament in der dritten und letzten Testphase. Ziel des Unternehmens ist es, das Spray bis 2003 genehmigen zu lassen und 2004 auf den Markt zu bringen. Der Gebrauch von Cannabis ist in den meisten Ländern verboten. Viele Patienten mit Krebs und Multipler Sklerose kämpfen darum, das Cannabis legal nutzen zu können. Über Cannabis informiert im Internet ausführlich die Internationale Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin. DW |
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Seit 20 Jahren
organisiert die Diakonie Roth die Erholungsmaßnahme „Pflege für
Pflegende“ ROTH/NEUENDETTELSAU (NZ). – Die Idee wurde lange vor dem Inkrafttreten der Pflegeversicherung geboren, lange bevor sich soziale Einrichtungen gezielt pflegender Angehöriger annahmen. Vor zwanzig Jahren wurde Hans Roser in seiner Eigenschaft als Gemeindepfarrer von Roth zur Aussegnung eines 18-Jährigen gerufen, der seit seiner Geburt von seinen Eltern gepflegt worden war. „Dieses Erlebnis hat mich damals tief berührt“, erzählt der heute 70-jährige Pfarrer im Ruhestand, der noch immer Vorsitzender des Diakonievereins Roth ist. Er sah zwei abgearbeitete Eltern, die sich nie Hilfe gesucht hatten, die die Behinderung ihres Sohnes als Makel empfanden, und die sich nach der Geburt ihres Kindes zwischen den Polen Arbeit und Pflege bewegten. Menschen, die 18 Jahre keinen freien Tag mehr gehabt hatten. „Wer kümmert sich um diese Leute?“ Diese Frage hat Roser nicht mehr losgelassen. Er rief im Diakonieverein Roth ein bis heute ungewöhnliches Projekt ins Leben: die „Pflege für die Pflegenden“, die als Angehörigenberatung, heute unter dem Dach der Diakonie Neuen dettelsau, nicht nur rät und informiert, sondern auch Kur- und Erholungsmaßnahmen für Angehörige organisiert. Zwei Wochen Meran in Südtirol oder im Schwarzwald – eine kurze Auszeit für diejenigen, die sonst an zweiter Stelle stehen. „In dieser Zeit sollen die Leute vor allem verwöhnt werden“, sagt Barbara Haase, die in den letzten acht Jahren diese Erholungsreisen organisiert und begleitet hat. Ein schönes Hotel, Ausflüge, aber vor allem viel reden gehören zu jeder Reise. „Die Einzel- und Gruppengespräche sind das Wichtigste“, sagt die 62-Jährige. Denn die Pflege hat viele an den Rand des sozialen Lebens gedrängt. Zwar kann Barbara Haase nur gutes von diesen Reisen berichten, von „einer festen Gemeinschaft“ erzählen, die sich während dieser Zeit herausbildet. Doch die Menschen zu diesem Schritt zu bewegen, sei schwierig. „Das Loslassen bereitet immer die größten Probleme.“ Viele könnten es sich nicht vorstellen, sich für ein paar Tage völlig zurückzuziehen, und oft würden es auch die Pflegebedürftigen nicht wünschen. „Je länger jemand pflegt, desto schwieriger ist es, ihn herauszulösen“, beschreibt Barbara Haase das Dilemma zwischen Sorge um den anderen und den eigenen Bedürfnissen. Also musste sie in den vergangenen Jahren auch immer bei den Pflegebedürftigen viel Überzeugungsarbeit leisten. Bei den Angehörigen zog meist das Argument, dass man doch die Pflege zu Hause aufrechterhalten wolle. „Viele pflegen bis zur Aufopferung und sind häufig selbst gesundheitlich angeschlagen“, sagt sie. Im vergangenen Jahr betreute Barbara Haase 413 Menschen. Der Großteil davon waren Frauen, die meisten Pflegenden waren zwischen 50 und 60 Jahre alt. Doch es gibt auch viele, die bis ins hohe Alter für den Partner da sind: 80 Menschen waren zwischen 60 und 70, 45 zwischen 70 und 80 Jahre alt. 14 Männer und Frauen betreute Barabara Haase im vergangenen Jahr, die bereits zwischen 80 und 90 Jahre alt waren und pflegten. „Man kann nur pflegen, wenn man selbst fit ist“, begründet die gelernte Krankenschwester und Sozialpädagogin die Notwendigkeit einer Auszeit. Hans Roser geht einen Schritt weiter: „Jeder zu Pflegende produziert zwei neue Kranke.“ Viele Pflegende würden vor dem Kranken sterben, hat Roser beobachtet. Er weiß, dass es immer schwieriger wird, Angehörige zu dieser Erholungsmaßnahme zu bewegen, je schwächer der Kranke ist. „Das Geld ist also häufig nicht das eigentliche Problem, auch wenn die Leute die Reise im Grunde selbst bezahlen, sofern es sich nicht um eine vom Arzt verschriebene Kurmaßnahme handelt“, sagt Barbara Haase. Die Pflegeversicherung finanziere die Kurzzeitpflege der Kranken in einer Einrichtung, von den obligatorischen 18 Mark Eigenbeitrag pro Tag allerdings abgesehen. Aber eine reguläre Förderung dieser Reise würde eben doch vieles erleichtern, ist Barbara Haase überzeugt. Denn es gebe eben auch nicht wenige Menschen, die sich eine solche befristete Auszeit nicht leisten könnten. „Aber wenn jemand wirklich am Ende ist und ein paar Tage Ruhe braucht, gehen wir eben wieder auf Spendensuche.“ So, wie es Hans Roser bereits vor zwanzig Jahren gemacht hat, als er die „Pflege für die Pflegenden“ startete. |